schuld & trauma
nach einem traumatischen ereignis – sei es ein unfall, gewalt oder eine naturkatastrophe – erleben viele betroffene nicht
nur symptome wie flashbacks, angst und emotionale taubheit, sondern auch intensive schuld- und schamgefühle. obwohl sie opfer der situation waren, neigen traumatisierte menschen oft dazu, die verantwortung für das geschehene bei sich selbst zu suchen.
die funktion von schuldgefühlen
das auftreten von schuldgefühlen ist in traumatischen kontexten paradoxerweise oft ein psychischer schutzmechanismus:
abwehr von hilflosigkeit: das gefühl, man hätte sich anders verhalten können („hätte ich nur besser aufgepasst“), vermittelt eine illusion von kontrolle. es ist für die psyche manchmal leichter, sich schuldig zu fühlen, als die absolute ohnmacht des traumatischen moments zu akzeptieren.
wiederherstellung von vorhersehbarkeit: wenn das ereignis die folge eines eigenen fehlers war, impliziert dies, dass man künftige katastrophen durch besseres verhalten verhindern kann.
schuld vs. scham
es ist wichtig, zwischen schuld und scham zu unterscheiden, die oft gemeinsam auftreten und den heilungsprozess behindern können:
schuldgefühle beziehen sich auf die eigene handlung oder vermeintliche unterlassung: „ich habe etwas falsches getan.“
schamgefühle beziehen sich auf das eigene sein und den selbstwert: „ich bin falsch/mangelhaft.“ scham führt oft zu isolation und rückzug, da betroffene befürchten, abgelehnt oder beurteilt zu werden.
das phänomen der schuldumkehr
insbesondere bei interpersonellen traumatisierungen (z. b. gewalt oder missbrauch durch andere) ist die schuldumkehr ein häufiges und schädliches phänomen. dabei wird die verantwortung für die tat vom täter oder der täterin auf das opfer abgewälzt, oft durch manipulation, abwertung oder leugnung. das opfer beginnt, die eigene wahrnehmung anzuzweifeln und sich selbst die schuld für das ihm zugefügte zu geben.
der weg zur heilung
die arbeit an traumabezogener schuld und scham ist ein entscheidender bestandteil der traumatherapie. ziel ist es, die verantwortung dorthin zurückzugeben, wo sie hingehört – zum verursacher des traumas oder den umständen – und das verzerrte verantwortungsgefühl beim betroffenen zu korrigieren.
therapeutische ansätze umfassen:
- psychoedukation: aufklärung über den zusammenhang von trauma und schuldgefühlen.
- validierung: bestätigung der gefühle und der wahrnehmung der betroffenen: „was du erlebt hast, darf weh tun – und du trägst keine schuld dafür.“
kognitive umstrukturierung: bearbeitung der negativen überzeugungen über die eigene schuld und das selbstbild.
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